30.03.2012 Im dritten Quartal 2011 verhalfen die angeheizten Diskussionen um Staatsverschuldung und Geldmengenausweitung dem Goldpreis sprunghaft zu neuen Höchstständen, bei ca. 1900 US Dollar je Unze. Eine gewisse Entspannung der Situation führte auch beim Edelmetall zu nachgebenden Kursen (aktuell um 1650 US Dollar je Unze). Kann hierin ein Trendwechsel gesehen werden, oder eine gesunde und notwendige „Verdauungsphase“ in der 10 jährigen Aufwärtsbewegung?
Es gibt einige Argumente die nicht von der Hand zu weisen sind und gleichzeitig einer Fortsetzung der Goldhausse im Wege stehen.

Gold ist ein weites Thema, bei dem vielfältige Einflüsse und Gedanken erwähnt werden könnten. Wir wollen nachfolgend die für uns wichtigsten Zusammenhänge beleuchten. Nun geht es uns nicht unbedingt darum, sich in einzelnen Diskussionspunkten fest zu positionieren. Für uns ist es wichtig die Triebkräfte der Kursentwicklungen zu identifizieren, um vorausschauend agieren zu können, wenn die Lage sich in die eine oder andere Richtung verschiebt.

Aktuelle Studie zum Goldmarkt gewährt Einblicke

Eine aktuelle Studie des World Gold Council beschäftigt sich mit Angebot und Nachfrage im Goldmarkt. Darin eröffnen sich tiefere Einblicke in die Strukturen der Käufer und Verkäufer. Während die Nachfragemenge für Schmuck seit 2008 rückläufig ist, steigt seitdem die Nachfrage nach Gold in Barren, Münzen und Investment-produkten kräftig an. Der Preisanstieg der letzten Jahre ist demnach in erster Linie dem hohen Interesse der Kapitalanleger zuzuschreiben.
Die Studie zeigt auch ein konstant steigendes Angebot. Zum Einen durch eine ansteigende Minenförderung,
zum Anderen durch eine deutliche Ausweitung des Angebotes aus Altgold-Recycling.
Studie vom 16. Febr. 2012, http://www.gold.org/investment/research/regular_reports/gold_demand_trends/

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Warum Gold hoch im Kurs steht

Im Jahre 2007 erschütterte die US-Immobilienkrise die Kapitalmärkte. Die in der Folge notwendigen staatlichen Unterstützungen von Banken und Wirtschaft, sorgten für eine rasche Zunahme der Staatsverschuldung in vielen Industrieländern. Die drohenden Schieflagen von Staaten in Europa und die gewährten Unterstützungen innerhalb der europäischen Gemeinschaft, heizten die Verschuldungsdiskussionen insgesamt weiter an. Die Stützungsversprechen sind nur unter Inkaufnahme der Risiken von noch höheren Verschuldungsniveaus möglich, mit drohenden Gefahren für das gesamte Finanzsystem. Diverse Krisenszenarien liefen und laufen in der Betrachtung einiger Experten immer wieder darauf hinaus, das Gold als Krisenwährung eine sichere Bank darstelle.
Bis zum Jahre 1971 war die Ausweitung der Verschuldung für den US Dollar als Weltleitwährung begrenzt. Durch das Versprechen der Hinterlegung von Währungsreserven in physischem Gold, wurde einer ausufernden Verschuldung entgegen gewirkt. Seither gibt es keine wirksame Begrenzung gegen die Schuldenausweitung.
So erhöht die USA fast im jährlichen Rhythmus die festgelegten Höchstgrenzen der Staatsverschuldung.
Gold wird als eine seit Jahrtausenden existierende Währung betrachtet, die jedes schwächelnde Finanzsystem überdauern konnte. Ausgelöst durch die Krisendiskussionen der letzten Jahre, liegt hierin die Begründung für die extrem gestiegene Goldnachfrage. Der Anstieg des Goldpreises symbolisiert die Zweifel an den heutigen Geld-Währungssystemen.

In Folge des gestiegenen Goldpreises, steigt auch das Angebot

Die Verteuerung führte bei den Minenbetreibern dazu, dass Projekte zur Gewinnung des gelben Metalls in den letzten Jahren wieder in Betrieb genommen wurden, die sich lange Zeit nicht lohnten. Mit höheren Goldpreisen können auch höhere Förderkosten kompensiert werden. Ehemals unrentable und geschlossene Minen werden wieder profitabel und neue Abbaugebiete erkundet. In der Folge steigt die Minenförderung insgesamt an. Sie umfasst rund 2/3 des Marktangebotes.
In den letzten Jahren gelangt ein gesteigertes Goldangebot aus Altgold in den Markt. Die Ursache liegt im gewachsenen und gut strukturierten Netz von Händlern die Altgold aufkaufen. Viele Privatbesitzer sind zu diesen Kursen bereit Ihr Altgold abzugeben, wodurch das Gold Recycling wesentlich an Bedeutung gewann.
In den letzten 5 Jahren stieg das Angebot daraus um rund 60%, in 2011 betrug der Anteil des Recycling damit ca. 1/3 des gesamten Marktes.

Wer kauft Gold

  • Der Schmuckbereich ist noch immer als bedeutendster Nachfragesektor anzuführen, wenn auch seit Jahren mit rückläufiger Tendenz. Sehr wahrscheinlich ist dies dem gestiegenen Preisniveau zuzuschreiben.
  • Ebenfalls auf der Käuferseite sind Staaten und Staatsfonds zu finden, die zur Diversifikation auf Gold setzen. Weitestgehend geschieht dies aus einem Sicherheits- und Werthaltigkeitsdenken der Entscheider heraus. Die eigene Währung soll mit Sachwerten unterfüttert und die Währungsreserven diversifiziert werden. Von diesen Käufern wird hauptsächlich in physischem Gold angelegt. Seit 2008 stiegen die Investitionen in Barren und Münzen daher sehr stark an. In 2011 fiel die Nachfrage in diesem Segment besonders hoch aus. Sicherlich ist hiermit die Haupttriebkraft des rasanten Preiszuwachses identifiziert.
  • Börsennotierte Goldfonds (ETF) sind ebenfalls auf beachtliche Volumen angewachsen. Hier investieren
    z. B. Vermögensverwalter, andere Fonds, sowie trendgetriebene Investoren. Im letzten Jahr hat sich die Nachfrage in Gold ETF`s deutlich abgeschwächt.
  • Trendgetriebene Investoren sind nur daran interessiert, an einem starken Trend mit zu verdienen. Gerade in Zeiten in denen Aktienkurse ohne klare Richtung verlaufen oder stark schwanken, lockt ein stabiler Trend weiteres Kapital an: „Die Hausse nährt die Hausse“.
  • Im aktuellen Umfeld bieten sichere Anleihen nur geringe Verzinsungen. Bei allgemein niedrigen Anleihezinsen ist es vielen Anlegern weniger wichtig das Gold keine Zinsen bringt. Steigt jedoch das Zinsniveau, würden diese Erträge sicherlich wieder eine Konkurrenz zur Goldanlage darstellen. Gerät der Goldtrend daraufhin ins stocken, wollen viele Investoren gleichzeitig ausstiegen. Ein Aspekt der mittelfristig zur Vorsicht mahnt.

Fazit fundamentale Betrachtung

Die Minenproduktion zeigt sich stark und es wird weiter exploriert. Derzeit herrscht ein ungefähr ausgeglichenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Sollte sich die Nachfrage abschwächen, etwa aufgrund des fortgeschrittenen Preisniveaus oder weil eine politische und monetäre Stabilität des Finanzsystems wieder vorstellbar würde, wäre der Preisanstieg schnell in Gefahr. Die Phantasie für weiter steigendende Goldkurse bündelt sich letztlich auf den Punkt als Krisenanlage, da hier die Hauptursache für die Goldnachfrage anzutreffen ist.
Damit verschlechtert sich die fundamentale Betrachtung für Gold. Es bedarf der weiteren Nachfrage nach Gold als Anlagevehikel, um das Preisniveau zu halten oder zu steigern. Hier wäre ein wachsendes Argument gegen weiter steigende Kurse des Edelmetalls zu bedenken.

Rückblick: Gold vor 10 Jahren – eine antizyklische Empfehlung

An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass wir bereits im Januar 2002 erstmals zu einem Einstieg ins gelbe Metall angeregt hatten. Damals aus antizyklischen Investmentgründen, weniger in prophetischer Vorausschau einer bevorstehenden langjährigen Hausse. Der Goldpreis notierte bei rund 290 US Dollar je Unze.

  • Goldverkäufe der Zentralbanken waren seit den achtziger Jahren ein fester Bestandteil des Angebotes im Goldmarkt. Die Notenbanken sahen ihre Devisen in einem allgemein stabilen und vertrauensvollen Zustand. Darüber hinaus ermöglichte Gold keine Zinserträge der darin angelegten Währungsreserven. Zwischen 1999 und 2002 hatte besonders die britische Nationalbank ihre Goldbestände kräftig abgebaut und das zu Kursen unter 300 US Dollar je Unze. Die Umstände und Beweggründe darüber sind bis heute zweifelhaft. Das große Angebot drückte das Kursniveau jedoch kaum noch, wenig später sollte sich dieses Zeitfenster als langjähriger Tiefpunkt des Goldkurses herausstellen.
  • Für die Goldproduzenten war in immer weniger Minen ein rentabler Förderbetrieb aufrecht zu erhalten. Die Branche war wegen des jahrelang sinkenden Goldpreises arg mitgenommen. Die Unternehmen erhielten kaum Investitionskredite und wenn, dann nur zu hohen Zinsen. Deshalb wurden nicht selten so genannte „Vorwärtsverkäufe“ eingegangen. Der Goldproduzent verkaufte Goldtranchen bereits vor der Förderung zu einem festen Preis, um den Verkaufserlös zu sichern.
  • Die Bedeutung für Anleger, als Kapitalanlage oder Kriseninvestment, spielte zum Ende der neunziger Jahre nur noch eine sehr untergeordnete Rolle (im Gegensatz zu den siebziger Jahren, als Gold ein fester Portfoliobestandteil war).
  • In damaligen Research Berichten zum Edelmetall wurde ausgeführt, dass sich die Angebotsseite aus stagnierenden Produktionsmengen und kalkulierbaren Verkäufen durch Zentralbanken zusammensetzte. Auf der Nachfrageseite erwartete man einen stetig steigenden Bedarf der Schmuckbranche. In der industriellen Verwendung ließ der technologische Fortschritt einen steigenden Goldbedarf vermuten.
  • Hinzu kam nun die chartechnische Betrachtung. Die Kursentwicklung ließ auf eine Bodenbildung des Preises im Bereich zwischen 250 und 280 US Dollar je Unze schließen. Zum Jahresbeginn 2002 eröffneten sich sowohl fundamentale als auch charttechnische Investmentchancen, mit antizyklischem Charakter.

Die im Laufe der Jahre aufgebauten Positionen in Goldfonds befinden sich größtenteils noch immer in den Portfolios der Kunden.

Einfache Charttechnische Betrachtung

Zur Standortbestimmung im Goldtrend darf auch eine aktuelle Chartbetrachtung nicht fehlen. Hier kann ein gesunder langjähriger Aufwärtstrend abgelesen werden, der sich aktuell in einer Korrekturphase befindet.

Goldgrafik

Ein Rückfall vom aktuellen Kurs um 1650 US Dollar je Unze, bis in den Bereich um 1550 US Dollar je Unze, wäre noch kein Grund zur Sorge. Erst bei einer Verletzung des Aufwärtstrendkanals, welcher derzeit um 1500 US Dollar je Unze verläuft, könnten grundsätzliche Zweifel an der Fortsetzung der Goldhausse angemessen sein. Daraus könnte eine größere Verkaufsbereitschaft in der mittlerweile recht breiten Masse der Goldanleger resultieren. Ein heftiger Rücksetzer des Goldpreises in den Bereich um 1200 US Dollar je Unze wäre dann gut möglich.
Derzeit ist der Trend jedoch voll intakt. Aus charttechnischer Sicht ist im Hauptszenario mit einer Trendfortsetzung zu rechnen, zunächst bis zu den alten Höchstständen bei 1900 US Dollar je Unze. Erst wenn die bisherige Höchstmarke sichtbar durchstoßen wird, eröffnet sich weiteres Potential.

Einfluss des Euro/Dollar Wechselkurses

Die Entwicklung des Wechselkurses zwischen Euro und US Dollar ist auch für die Bewegung des Goldpreises von Bedeutung. Ein stärkerer US Dollar führt tendenziell zu einem nachgebenden Goldpreis und umgekehrt.

Fazit:

Gold als Krisenbeimischung im Portfolio hat noch immer seine volle Berechtigung. Fundamental zeigt sich ein steigendes Goldangebot. Ob nun die Nachfrage infolge des mittlerweile hohen Preisniveaus nachlässt, wird sich zeigen. Der Kursrückgang in den letzten Monaten muss noch nicht überbewertet werden.
Die charttechnische Sichtweise deutet auf einen intakten Aufwärtstrend hin, der derzeit durchaus gute Chancen für weitere Zugewinne offeriert.
In der Gesamtbetrachtung ist Gold aktuell eine Halteposition.