Wer dieser Tage auf seine Anlagen schaut hat wenig Spaß. Das erste Halbjahr 2022 zählt zu den historisch schwächsten Börsenhalbjahren. Dabei sah zu Jahresbeginn alles optimistisch aus.

Doch im Zeitverlauf führten die Entscheidungen der Notenbanken, die Lieferkettenbehinderungen und der Ukraine Konflikt zu immer schlechterer Stimmung. Im letzten Börsenkommentar haben wir deshalb die Bedeutung der Stimmung der Marktteilnehmer aufgegriffen und näher erläutert.

Mittlerweile herrscht eine Art Ausverkaufsstimmung und Käuferstreik an den Kapitalmärkten. In China behindert die Corona-Politik die Lieferketten, in den USA drückt der Zinsgegenwind die Stimmung und in Europa nehmen die Sorgen um die Energieversorgung erheblich zu.

Die deutsche Industrie wird mit einem existentiellen Anteil an Erdgas betrieben. Wohnungen und Krankenhäuser werden damit beheizt und warmes Wasser braucht man nicht nur im Winter. Fallen die Energiequellen Öl & Gas aus, muss die Produktion von Waren und Gütern eingeschränkt werden.
In einigen Unternehmen ist damit die Produktion komplett in Gefahr, wie jüngst der Vorstand des Chemiekonzerns BASF zu bedenken gab. Es gibt Stimmen in der Wirtschaft, die von leeren Regalen zu Weihnachten ausgehen, wenn ein Ausfall der Gasversorgung riskiert wird.

Sanktionen gegen Russland haben ihr Ziel verfehlt, jetzt entsteht der Schaden bei uns

Die Sanktionen gegen Russland schaden Russland viel weniger, als anfänglich von der westlichen Politik erhofft. Die Energierohstoffe die bisher nach Europa geliefert wurden, werden nun nach Asien und Afrika verkauft. China und Indien haben ihre Öl- und Gasimporte aus Russland ver-x-facht, sodass Russland ungefähr die gleiche Menge Öl, Gas und Kohle exportiert wie zuvor. Nur eben an andere Handelspartner.

https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/mega-deals-indien-kauft-russisches-oel-und-verkauft-es-teuer-nach-europa-li.235748

Damit sind die Einnahmen Russlands weiterhin gesichert, die russische Währung ist stark, während sich Europa in eine selbstverordnete Energiekrise bewegt! Für uns stellt sich die Frage warum die Politik die deutsche und europäische Wirtschaft einem solchen existenziellen Risiko unterzieht?

Kapitalmärkte nehmen negatives Wirtschaftsszenario bereits vorweg

In diesem Zuge haben globale Investoren ihre Beteiligungen im europäischen Aktienmarkt nochmals reduziert. Wenn man nun berücksichtigt, dass zum Beispiel der DAX zu ca. 40% von außereuropäischen Investorengeldern bewegt wird, erklärt sich aus dem Kapitalabzug, der Kursrückgang.

Ein großer US-Hedgefonds wettet gar gegen den deutschen Aktienmarkt. Beim Abverkauf wurden wenig Unterschiede zwischen guten und weniger soliden Unternehmen gemacht. Mittlerweile sind gute Unternehmen in Europa und Deutschland teils sehr günstig bewertet.

Notenbanken wollen Inflation bekämpfen, können aber wenig tun

Der Ruf nach den Notenbanken, um mit Zinserhöhungen die Geldstabilität zurück zu gewinnen, ist nicht so leicht erfüllbar. Die nun allerorts diskutierte Inflation ist im Wesentlichen durch die Politik herbeigeführt. Notenbanken können, vor dem politisch ausgelösten Hintergrund, nur bedingt Einfluss auf die Inflation nehmen.

  • Notenbanken können keine Energieknappheit managen und keine Lieferketten beeinflussen.
  • Notenbanken können nur insgesamt die Wirtschaft begünstigen oder „stören“.

Die Kapitalmärkte sehen das Problem, dass nur die Politik die Situation entspannen kann. Allerdings ist das Vertrauen in einen Politikwechsel begrenzt, weshalb das Risiko einer negativen Wirtschaftsentwicklung (Rezession) befürchtet wird. Diese Kausalität drückt auf Unternehmens- und Vermögenswerte allgemein.

In der aktuellen Lage geht es den meisten Unternehmen noch gut und die Kapitalaustattung ist solide. Es werden Arbeitskräfte gesucht, anstatt gekündigt. Die Börse greift also einmal mehr die Zukunftssorgen auf und nimmt diese vorweg.

Dieses Spannungsfeld ergibt für Anlageentscheidungen ein Wenn – Dann Szenario

  1. Wenn die Politik den eingeschlagenen Weg der Eskalation und der Energiekrise weiterverfolgt
    (also einerseits Energieprobleme verursacht und andererseits vor den Folgen warnt!?!),
    dann stehen weitere wirtschaftliche Probleme bevor.
    Kurse könnten nochmal unter Druck kommen, obwohl bereits ein negatives Szenario vorweggenommen ist, denn die Kapitalsituation der Unternehmen und der Bürger, die Säulen der Wirtschaft, würden tatsächlich geschwächt.
  2. Wenn die Politik aufgreift, dass eine schnelle Lösung für eine stabile Energieversorgung erfolgen muss, um die Bevölkerungsinteressen, Wirtschaft und den Wohlstand der Gesellschaft zu erhalten und entsprechend diplomatische Lösungen für Frieden sucht, würde die Inflation automatisch eingedämmt.
    Dann könnten die Kapitalmärkte umgehend kräftig aufatmen.
    Die eingepreisten Sorgen würden ausgepreist, die Wirtschaft und die Kurse hätten erhebliches Erholungspotential.

Dieses Ping-Pong Spannungsfeld der Politik ist es, in dem sich die Kapitalmärkte aktuell befinden. Einfach formuliert heißt das, wenn die EU-Politik eine Fortsetzung des jetzigen Eskalationskurses gegenüber Russland anstrebt und Russland uns den Gashahn weiter zudreht, kommt es zu einem Wirtschaftseinbruch in Deutschland. Dafür braucht man kein Studium der Volkswirtschaftslehre.

Wobei auch erwähnt werden muss, dass Frankreich seine Gasimporte aus Russland jüngst gesteigert hat. Atomkraft und Gasenergie wurden von der EU als nachhaltige Zukunftsressourcen deklariert. Europa ist sich also keineswegs einig und Deutschland scheint besonders ehrgeizig, sich selbst wirtschaftlich zu Schaden?

Glauben Sie mir, es ist wirklich seltsam dies so aufzuschreiben. Denn die aufkommenden gesellschaftlichen Probleme um Knappheit & Inflation, scheinen recht einfach gestrickt und lösbar.

Fazit

In der Wirtschaft und an den Kapitalmärkten wird darüber diskutiert, dass die drohenden wirtschaftlichen Probleme durch politische Entscheidungen erschaffen wurden. Der Boykott von russischen Öl & Gasimporten ist nicht schnell kompensierbar und könnte eine Energiekrise speziell in Deutschland auslösen. Die Knappheit von Waren & Gütern sind gewissermaßen „selbst geschaffen“ und Preissteigerungen die Folge.

Die Kapitalmärkte sind vorsichtig und in Deckung gegangen, falls Lösungen nicht in vernünftige Bahnen biegen. Die Notenbanken können zwar Zinsen anheben und Wirtschaft „abkühlen“, aber nicht Umverteilung steuern und Knappheit bei Öl, Gas oder Nahrungsmitteln beseitigen. Das kann nur Politik, das muss Politik, wenn sie Bevölkerungsinteressen vertritt. Das tut Sie doch, oder?

André Klatt

 

RISIKOHINWEIS: Die Inhalte und die hier getroffenen Aussagen dienen ausschließlich der allgemeinen Information und stellen ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Es handelt sich nicht um Aufforderungen zum Handel mit Kapitalmarktinstrumenten und stellt keine Anlageberatung dar. Da hier keinerlei persönliche Anlagekriterien von Anlegern zu Grunde liegen, können wegen fehlender Basis auch keine Anlageentscheidung daraus getroffen werden. Es kann keinerlei Haftung für ihre persönliche Entscheidungen übernommen werden, die Sie womöglich Aufgrund der hier getätigten Informationen oder Äusserungen des Verfassers getroffen haben. Sie handeln auf eigenes Risiko.

Zum Jahresanfang befand sich die Investorenstimmung in guter Verfassung, die Börsen auf Höchstständen. Die Wirtschaft war voller Hoffnung die Corona-Maßnahmen abzuschütteln. Der Fokus lautete: offene Aufträge anpacken, Wachstum erzeugen, Gewinne erhöhen.

Doch die ersten Monate des Jahres zeigen eine schwierige Phase. In der aktuellen Betrachtung ergeben sich Fragen wie: Warum schwanken die Aktienmärkte so heftig? Hat sich die Lage so stark eingetrübt? Ist die Stimmung übertrieben negativ? Oder Beides? Und vor Allem, Wie geht es weiter?

 

Zur Orientierung möchten wir die emotionale Seite des Börsengeschehens, die Verbindungen zwischen dem „typischen Investorenverhalten“ und den dynamischen Marktentwicklungen aufgreifen.

 

Beginnen wir mit einem Blick auf die Kapitalaufteilung am US-Aktienmarkt per Ende 2021. Die Börsenstimmung 2021 war hervorragend, es kam zum höchsten historischen Kapitalzufluss den Aktien je verzeichneten.

 

Im US-Aktienmarkt fokussiert sich ein Großteil des Investorenkapitals auf nur wenige Aktien, die schließlich den Markt dominieren. Praktisch jeder Investor besitzt eine üppige Investitionsquote in den größten Unternehmen:

 

 

Die Spannungsfelder 2022

Seit der hoffnungsvollen Phase zum Jahreswechsel, änderten sich schrittweise die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft & die Börse. Die wesentlichen Spannungsfelder kamen aus der Politik und sind schnell aufgezählt:

  • China bekämpft Ansteckungen mit der Null-Covid-Politik und behindert damit die Wirtschaft erheblich, was in aller Welt zu Störungen der Lieferketten und zu Knappheit führt
  • Im Russland-Ukraine Konflikt, gibt es keine ernsthaften Friedensverhandlungen, es ist unklar wann die daraus resultierenden Einschränkungen für Rohstoffe und die Preissteigerungen in der Energieversorgung in der Welt, Beruhigung finden

Die auflodernde Inflation stammt überwiegend aus diesen Problempunkten.

  • Die US-Notenbank FED: Zum Jahresbeginn wurden 2 – 3 Zinserhöhungen zu 0,25% erwartet. Jetzt werden bis zu 10 Zinsschritte zwischen 0,25% und 0,5% erwartet, die ersten Beiden sind erfolgt.
    Die Notenbank erhöht die Zinsen, um wieder Stabilität in die Geldentwicklung zu bekommen und das Verbrauchervertrauen ins Geld zu stärken. Die Kapitalmärkte befürchten nun ein übersteuern in der US-Zinspolitik und eine zu starke Bremsung der Wirtschaft … anstatt Wachstum.

All diese Sorgen kennt der Kapitalmarkt und hat vorausschauend darauf reagiert. Mehr noch, die Erwartungen der steigenden US-Zinsen sind bis zu 3% bereits in den Köpfen und damit in den Aktienkursen verarbeitet. Die Börse nimmt schnell die Zukunft vorweg, das war schon immer so.

Wie die Börse Zukunft vorwegnimmt

Es ist nicht ganz leicht zu verstehen wie dies funktioniert. Es steckt eine Art Herdentrieb dahinter, bei dem erst vereinzelt Sorgen aufkommen und Verkäufe beginnen. Jeder schaut natürlich was der Andere macht und schließlich folgt die Dynamik dem Prinzip der „stillen Post“.

 

 

Zu diesem Zeitpunkt gibt es noch genügend Kaufinteresse am Markt. Langsam bildet sich eine Topformation (Punkte 2 bis 5 der folgenden Grafik), eine Seitwärtsphase der Märkte. In der Börsensprache wird der emotionale Prozess als „Kampf“ zwischen Käufern (Bullen) und Verkäufern (Bären) bezeichnet.

 

 

Schliesslich bekommt eine Seite das Übergewicht, die Käufer werden zurückhaltender, die Verkäufer überwiegen. So verlagert sich das Verhältnis von der Nachfrage auf die Angebotsseite, die Kurse beginnen zu fallen (Punkte 6-9). Sie kennen das Prinzip aus der Landwirtschaft, die ersten Erdbeeren sind die teuersten, wenn alle Felder offen sind und das Angebot hoch, fallen die Preise. Ist die Haupterntezeit erreicht, kommt der Zeitpunkt um Marmelade einzukochen.

Doch an der Börse geht es darüber hinaus. Schließlich erkennen Algorithmen, die einen großen Teil des Handelsvolumens bewegen, dass die Verkäufe überwiegen. Und jetzt wird begonnen auf fallende Kurse zu spekulieren, wodurch der Verkaufsdruck von Wertpapieren noch einmal künstlich verstärkt wird, während die Käufer noch ängstlicher und zurückhaltender werden (Punkte 10-14).

Trendbeschleunigend kommt hinzu, dass sich in den letzten Jahren die Haltedauer von Aktieninvestoren immer weiter verkürzt hat. Anstatt langfristiger Orientierung werden Aktien häufig getradet oder nur wenige Monate gehalten. Der „kurzfristige, emotionale Trend“ verleitet häufiger zu schnellem Handeln und das Handelsvolumen steigt. Der jeweilige Trend fällt dadurch noch dynamischer aus. Die Kurse „übertreiben“ höher nach oben (Spekulationsblasen) und fallen tiefer nach unten (Bärenmärkte), aufgrund des kurzfristigen, emotionalen Investorenverhaltens.

Die vorherrschende Investorenstimmung wird im Fear & Greed Index (Angst & Gier Index) gemessen und ist hier nachvollziehbar https://edition.cnn.com/markets/fear-and-greed

Und jetzt? Kaufen wenn die Kanonen donnern?

Doch all dies ist bereits geschehen. Die Stimmung ist schlecht, viele institutionelle Investoren (Pensionsvermögen, Hedgefonds, etc …) haben derzeit bereits Aktien verkauft und warten mit hohen Cashbeständen am Rande ab. Die Cashbestände der globalen Fondsmanager befinden sich per Mai 2022 auf einem historisch hohen Niveau (ähnlich 2002/2003 nach Platzen der Internetblase)!

Genau solche Phasen sind es, aus denen die Weisheit „Kaufen wenn die Kanonen donnern“ entspringt. Denn irgendwann beginnen sich die Marktverhältnisse wieder ausgleichen und die Nachfrage gewinnt die Oberhand. An diesem Punkt erfolgt eine Trendumkehr (Punkte 15-16).
Fazit: Was für die Einen die Krise, ist für die Anderen die Chance.

Geduldiges Investieren zahlt sich aus

Börsenkurse schwanken weil Erwartungen gehandelt werden. Die Emotionen (Gier und Angst) schlagen dabei besonders intensiv zu Buche und hinterlassen Übertreibungen. Ich möchte dabei nicht den Eindruck erwecken, punktuell zu Wissen wann eine Trendumkehr stattfindet. Den jeweiligen Punkt genau zu bestimmen ist nur schwer möglich. Wichtiger ist der Blick auf die Zyklen von Aktienmärkten.

Der langfristige Blick auf die Historie gibt Aufschluss über die Dauer von Bullenmärkten (Aufwärtsphasen) und Bärenmärkten (Marktkorrekturen). (Grafik von 1870 bis 2017)

Die Grafik zeigt die Dauer von Aufwärtsphasen und die jeweils erreichten Gewinne. Die roten Phasen visualisieren die Dauer und den Umfang von Korrekturphasen. Die Schwankungen der Märkte bringen den kurzfristig agierenden Marktteilnehmer in die Verlegenheit von seinen Emotionen überrumpelt zu werden. Entscheidet er sich zum Ausstieg, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, den günstigeren Wiedereinstieg zu verpassen.

Der Investor sollte seine Anlageziele kennen, im Blick behalten und sich weniger von den Emotionen der Märkte einfangen lassen. Auch in der Natur findet Wachstum in Zyklen, in unterschiedlichen Jahreszeiten statt. Kapitalmärkte spiegeln die Wirtschaft wieder und deren eher kurze Korrekturphasen (Bärenmärkte durchschnittlich 1,8 Jahre).
Viel dominanter sind die langen Aufwärtsphasen (Bullenmärkte durchschnittlich 10 Jahre), in denen Unternehmen ihren Wert steigern und ein Kapitalwachstum für den Investor bewirken.

Fazit:

An den Kapitalmärkten existieren zwei Geschwindigkeiten: die Emotionen der Börse und die tatsächliche Entwicklung der Wirtschaft. Die Börse eilt immer voraus, übertreibt oder unterschätzt, aus Emotionen heraus, die nun einmal völlig menschlich sind. Dabei gehören Chancen und Risiken eng zusammen. Denkt die Mehrheit über die Risiken nach, ist die Chance wahrscheinlich viel näher und umgekehrt.

Antizyklisch, also entgegen der jeweiligen Trendrichtung zu überlegen, ist eine der besten Börsenregeln die mir begegnet ist. Zumindest wird „die Emotionsfalle“ im Investorenverhalten dadurch sichtbar. In der Praxis sollte man in Bärenmärkten prüfen, ob die Sparpläne erhöht werden können oder Nachkäufe möglich sind.
Der Bulle hat den längeren Atem.

Ich wünsche gute Entscheidungen
André Klatt

 

RISIKOHINWEIS: Die Inhalte und die hier getroffenen Aussagen dienen ausschließlich der allgemeinen Information und stellen die Meinung des Verfassers dar. Es handelt sich nicht um Aufforderungen zum Handel mit Kapitalmarktinstrumenten und stellt keine Anlageberatung dar. Da hier keinerlei persönliche Anlagekriterien von Anlegern zu Grunde liegen, können wegen fehlender Basis auch keine Anlageentscheidung getroffen werden. Es kann keinerlei Haftung für ihre persönliche Entscheidungen übernommen werden, die Sie womöglich Aufgrund der hier getätigten Informationen getroffen haben. Sie handeln auf eigenes Risiko.

Grundposition
Als Investor wünscht man sich hauptsächlich kalkulierbare Voraussetzungen. Daraus lassen sich Wahrscheinlichkeiten ableiten, Szenarien für die Anlageplanung entwickeln und Investitionsentscheidungen treffen. In den meisten Marktphasen ist es möglich Einschätzungen und Prognosen, sowie Chancen und Risiken abzuleiten.
Unsere lange Erfahrung im Umgang mit den Kapitalmärkten, das mehrfache Durchleben von komplexen Situationen und die emotionale Fähigkeit antizyklische Meinungen einzugehen, sind fester Bestandteil unserer Entscheidungsfindung.

Aktuell finden sich alle Marktteilnehmer in einer Kette aus politisch zu Stande gekommenen Entscheidungen wieder, welche zu einer militärischen Auseinandersetzung geführt haben. Die Ängste aus den verschiedenen Positionen aller Beteiligten, sowie die Auswirkungen für den „Rest der Welt“ sind offensichtlich und gehen natürlich auch an den Börsen nicht spurlos vorüber. Jede Ursache zieht eine Wirkung nach sich.

Situation
Auch kriegerische Ausseinandersetzungen haben die Märkte in der Geschichte mehrfach miterleben müssen. Man kann verschiedene Perspektiven des aufgebrochenen Konfliktes auswerten und wird keine einfache Antwort finden, auch nicht darüber, welche Vorgehensweise für die persönliche Anlageentscheidung „die Richtige“ ist. Schlichtweg aus dem Grund, weil sich die Voraussetzungen blitzartig ändern können.

Die nun wirkenden politischen Einflüsse haben, ganz ehrlich gesagt, auf vielen Ebenen Märkte und Wirtschaft im Würgegriff, von Inflation & Geldpolitik, Energiepolitik & Klimazielen bis Corona-Maßnahmen. Und jetzt kommt es zum offenen Konflikt zwischen Russland, der Ukraine und dem Westen, wobei in kurzer Taktfrequenz wechselnde Voraussetzungen und Einflussnahmen von der Politik ausgehen und auf die angespannte Psyche der Marktteilnehmer niederprasseln. Bei den unterschiedlichen Interessen der Marktteilnehmer prallen kurzfristig diverse Emotionen aufeinander und bewegen Kurse.

Kalkulation
Doch ist es jetzt möglich den Verlauf der Auseinandersetzung einzuschätzen, daraus Wirtschafts- oder Börsenprognosen und nachfolgende Wahrscheinlichkeiten für Anlageziele abzuleiten?
Wir denken, es gleicht im Moment eher einem Ratespiel. Wenn man sich festlegt, kann sich jede Entscheidung kurz darauf als falsch erweisen. Wenn eine weitsichtige Anlagestrategie zu Grund liegt, nützt es, unserer Ansicht nach, am ehesten Ruhe zu bewahren. Was für die Einen die Krise, ist für Andere eine Chance.

Fazit
Grundsätzlich möchten wir auf Folgendes besinnen: Unternehmen und Wirtschaft sind essenziell.
Die Grundbedürfnisse von acht Milliarden Menschen, der Wunsch nach Fortschritt und Wohlstand, nachdem jeder Einzelne strebt, kann nur durch eine funktionierende Wirtschaft bedient werden. Die Nachfrage nach Waren und Gütern ist, Aufgrund der politisch aufgestauten Entfaltungsmöglichkeiten und der geplanten Umstrukturierung in eine nachhaltige Gesellschaft, so groß wie selten zuvor. Volkswirte sind sich einig, dass die Auftragslage der Unternehmen in zahlreichen Branchen vielversprechend ist.

Könnte die Politik Konflikte etwas zurücknehmen und die Wirtschaft „von der Leine lassen“, können die Menschen ihren persönlichen Zielen nachgehen und automatisch ein günstiges Umfeld ernten. Schließlich geht aus dem Erfüllen von Bedürfnissen das Wachstum von Unternehmen, die Sicherung von Arbeitsplätzen, sowie das Potential für Wertbildung und die Grundlage für Wertentwicklung hervor. Wir hoffen auf Vernunft.

Für konkrete Fragen zu den individuellen Anlagen stehen wir natürlich gern zur Seite.
André Klatt

Hohe Inflation treibt Notenbanken um, die Börsen reagieren.

2021 war ein sehr freundliches Aktienjahr, darauf werden wir in Kürze mit unserem Jahresrückblick näher eingehen. Seit dem Jahreswechsel, im Prinzip bereits seit Ende November 2021, wird der Börsenwind rauher. Die US-Notenbank kündigte Ende November plötzlich an, dass sie eine Straffung der Geldpolitik plant.

Preissteigerungen, vorübergehend oder dauerhaft?

Auslöser dafür sind die Inflationszahlen. Die Preissteigerung in den USA erreichte im Herbst 2021 mit mehr als 6% ein extremes Niveau, wie zuletzt in den 80er Jahren. Die Ursachen dafür sind in den Corona-Maßnahmen der Regierungen weltweit verankert. Dadurch wurde zuerst ein Bruch in der Herstellung von Gütern, sowie eine Behinderung der globalen Lieferketten verursacht. Anschließende gleichzeitige Öffnungen in 2021, führten zu einem plötzlichen globalen Nachfrageüberhang und zu einem Nadelöhreffekt. Die teils massiven Engpässe zogen Preissteigerungen nach sich, die mittlerweile in fast allen Branchen spürbar ist.

Inflationstreiber – Beispiel: China hat sich in den letzten 20 Jahren zum Produktionsstandort der Welt entwickelt, weil der Drang zu billigeren Herstellungskosten den Wettbewerb beeinflusst. Was in China hergestellt wird, muss dann wieder in die Welt verteilt werden.
Durch die Null-Toleranz Corona-Politik in China kam es mehrfach dazu, dass ganze Hafenanlagen wegen eines positiv getesteten Arbeiters geschlossen wurden. Folglich kommt es in vielen Regionen der Welt gleichzeitig zu Versorgungsengpässen von Rohstoffen, Halbleitern, Gütern, bis hin zu Nahrungsmitteln. (auch Tierfutter, Verpackungsmaterial, etc.)

Hier finden Sie einen Überblick zu Rohstoffen und deren Preisentwicklung
https://de.investing.com/commodities/

Der Ölpreis verteuerte sich in 2021 von 50 USD auf 80 USD / Barrel, der Preis für Erdgas verdoppelte sich. Viele Rohstoffe wurden teurer und trugen zur Steigerung der Energiekosten und der Herstellungskosten bei. Letztlich sind Wirtschaft und Verbraucher direkt davon betroffen.

 

Destatis – Erzeugerpreise in Deutschland steigen stark an

 

Notenbanken sind perse die Hüter von Geldwertstabilität für ihre jeweilige Währung. Bei Teuerungsraten über 2%, so die eigenen Definitionen der Notenbanken in USA und Europa, soll der Zins beginnen zu steigen, um der Teuerung entgegen zu wirken und die Geldwertstabilität entsprechend anzupassen.
In der Summe der Knappheiten und Lieferketten-Verzögerungen begannen die Preise allgemein zu steigen. Die US-Notenbank FED bewertete dies zunächst als vorübergehenden Effekt (Grafik 2: US-Inflation Erwartungen).

 


Grafik 2 – Inflation USA – Erwartungen vs. tatsächliche Entwicklung

 

Soweit zur Theorie. Doch weiterhin sind die politischen Maßnahmen zur „Bekämpfung der C-Omikron Virusvariante“ das größte Problem für funktionierenden globalen Handel. Bei den jetzt erreichten Inflationsraten und den weiterhin bestehenden wirtschaftlichen Behinderungen, schwenkt die FED um (Grafik 2: US-Inflation tatsächlich). Sie sieht sich veranlasst auf die nun stärker und potentiell länger anhaltenden Inflationstreiber zu reagieren.
Im ersten Schritt werden die Liquiditätsmaßnahmen zur Stützung der Wirtschaft schnell zurückgefahren (Beendigung der Anleihekaufprogramme bis März 2022). Im nächsten Schritt sollen die Leitzinsen steigen.
Mittlerweile erwartet der Aktienmarkt bis zu 4 Leitzinsanhebungen in 2022 von je 0,25%.

 

Aktienkurse preisen Zinsanhebungen ein

Die Börsen begannen im Dezember auf die Ankündigungen der Geldverknappung der US-Notenbank zu reagieren. Investoren begannen zuerst Aktien aus den Branchen mit den größten Spekulationen abzustossen, zum Beispiel bei vielen Technologieunternehmen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz oder bei Krypto-Coins. In den letzten zwei Monaten haben sich viele High-Tech Aktien im Kurs bereits halbiert. Trotzdem ist die Bewertung nicht unbedingt günstig, sodass diese Entwicklung durchaus noch einige Wochen andauern kann.

Grund für die Zurückhaltung gegenüber Technologieunternehmen:
Bisher Stand die Fokussierung auf schnelles Wachstum im Vordergrund und trieb die Kurse. Dazu kamen immer mehr Spekulanten, die auf weiter steigende Kurse „auf den fahrenden Zug aufsprangen“. Nun kehrt die klassische kaufmännische Bewertung der Geschäftsmodelle zurück, dies bewirkt einen Abbau der Spekulation und vertreibt kurzfristige Trader.

Viele Preise bzw. Kurse, egal ob bei Kryptos, Kunst, Immobilien oder in einigen Segmenten des Aktienmarktes, sind durch die Geldflut der Notenbanken in 2020/2021 hochgespült worden. Eine Party auf der Droge Geld, veranstaltet von den Notenbanken.
Nun scheint es, als stehe für die Highflyer eine Beruhigung an, weil die Notenbanken auf die Bremse treten. Doch die Währungshüter Wissen auch, zu viel bremsen gefährdet den Aufschwung. Dies möchte Niemand, schliesslich hat es große Kapitalspritzen benötigt, um die Wirtschaft zu stützen.

 

Fazit: Marktschwankungen gehören zum Börsengeschehen dazu

Inwiefern diese Marktbereinigung noch andere Branchen des Aktienmarktes ansteckt, kann aktuell nur schwer eingeschätzt werden. Dem gegenüber konnten einige Regionen (Asien) und Branchen im Aktienmarkt zulegen. Derzeit ist eine Rotation von HighTech- zu Dividenden-Aktien zu beobachten. Eines ist klar, kurzfristige Marktschwankungen sind ganz normal.

Wir hatten bereits im letzten Jahr mit einer Marktkonsolidierung gerechnet und sind von den Schwankungen weniger überrascht. Wer schon länger Erfahrung an den Kapitalmärkten besitzt weiss, schwankungsarme Börsenjahre sind eher die Ausnahme. Und, daraus eröffnen sich stets neue Chancen. Das stützt die Börsen zwar nicht im Tagesgeschäft, untermauert jedoch mittel- bis langfristigen Optimismus. Historisch betrachtet sind kurzfristige Marktschwankungen für langfristige Anlageziele zu vernachlässigen.

Starke Wirtschaftslage stärkt das Fundament

Denn: Grundsätzlich sind sich Volkswirte darüber einig, dass sich die Wirtschaft in einer robusten Nachfragesituation befindet. Der westliche Konsument hat Geld zum ausgeben und die Auftragslage ist allgemein vielversprechend. Würde die Politik (rein hypothetisch betrachtet) die Corona-Maßnahmen beenden und die Wirtschaft „von der Leine lassen“, ergäben sich marktwirtschaftliche Effekte, um die Inflationsraten intrinsisch zu beruhigen.

Apropos Chancen: Verzinsliche Wertpapiere werden, unabhängig davon ob die Zinsen etwas steigen, keinen Kapitalerhalt ermöglichen. Diese Anlagekategorie bleibt nahezu chancenlos. Andererseits haben die Edelmetalle bisher kaum an der Geldflut-Party teilgenommen, sie haben eher den Ruf in Schwächephasen für Stabilität zu sorgen.

 

+++ Ergänzung per 24.01.2022 +++

Die Börsen eröffnen heute schwach, ein weiterer Einflussfaktor für die jüngste zurückhaltende Marktentwicklung wird sichtbar. Es herrscht eine aufgeheizte Stimmung zwischen Russland und der westlichen Welt, im Konflikt um die Ukraine. Vor rund 14 Tagen kam es zur Beendigung der Gespräche zwischen Russland und der NATO, wegen „erheblicher Meinungsverschiedenheiten“, teilte der NATO-Generalsekretär Stoltenberg mit.

Unserer Meinung nach wird nun sichtbar, dass dieser Umstand bereits in den letzten Tagen im Hintergrund Druck auf die Börsen ausübte. Vorsichtige Marktteilnehmer ziehen, womöglich wegen der Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung, erst einmal Kapital ab. Mit einer Bewertung der Situation halten wir uns zurück und beobachten die Ereignisse.

„Geld ist geil wie ein Bock und scheu wie ein Reh“
Zitat: Franz Josef Strauß

Für Investoren empfiehlt sich, weder auf den Bock noch auf das Reh zu wetten.

 

RISIKOHINWEIS: Die Inhalte und die hier getroffenen Aussagen dienen ausschließlich der allgemeinen Information und stellen die Meinung des Verfassers dar. Es handelt sich nicht um Aufforderungen zum Handel mit Kapitalmarktinstrumenten und stellt keine Anlageberatung dar. Da hier keinerlei persönliche Anlagekriterien von Anlegern zu Grunde liegen, können wegen fehlender Basis auch keine Anlageentscheidung getroffen werden. Es kann keinerlei Haftung für ihre persönliche Entscheidungen übernommen werden, die Sie womöglich Aufgrund der hier getätigten Informationen getroffen haben. Sie handeln auf eigenes Risiko.