Für viele deutsche Anleger steht bei Anlageentscheidungen die Betrachtung des heimischen Aktienmarktes im Vordergrund. Die hiesige mediale Aufmerksamkeit von TV und Presse begleitet diese Sichtweise und fokussiert ebenfalls stark auf den deutschen Leitindex DAX. Dieses Phänomen nennt man Home Bias – die übergewichtete Betrachtung der naheliegenden Geschehnisse.

Natürlich lassen sich die heimischen Börsenkurse und Unternehmensmeldungen am ehesten verstehen und nachvollziehen. Jedoch lauert für den Anleger die Gefahr der Vernachlässigung anderer Regionen und Anlagethemen, welche sich außerhalb des Sichtfeldes entwickeln.

Am Beispiel der Automobilbranche möchten wir näher darauf eingehen,
warum es für Anleger von Vorteil ist global zu denken und Anlagestrategien
über Ländergrenzen hinaus zu strukturieren.

Deutschland ist die Heimat vieler innovativer und global erfolgreicher Unternehmen, die Automobilbranche zählt zweifelsfrei dazu. Daimler, BMW und VW besitzen hervorragende Marktpositionen, große Bekanntheit und starke Marktanteile in vielen Ländern der Welt. Alle drei Unternehmen sind im DAX enthalten und machen zusammen
ca. 13% Anteil am Index aus, zählen damit zu den größten und repräsentativsten deutschen Unternehmen.

In den letzten Jahren entwickelt sich ein weltweiter Trend zum Elektroauto. Leider verhält es sich dabei so, dass die Entwicklung in Deutschland in sehr zögerlichem Tempo und eher mit Skepsis wahrgenommen wird. Während in Norwegen bald jedes zweite neue Auto ein E-Auto ist, haben in Deutschland gerade einmal 2% aller Neuzulassungen einen Elektroantrieb. Im Jahre 2017 wurden in Deutschland 3,45 Millionen KFZ neu zugelassen, 25.000 davon waren Elektroautos.

Betrachtet man die klassischen Unternehmenskennzahlen, fallen Daimler und BMW mit guten Verkaufszahlen, ordentlichen Erträgen und einer soliden Bilanz auf. Allerdings sind die Anlageergebnisse für die Aktionäre der deutschen Autobauer, seit Jahren eher ernüchternd. In beiden Konzernen sind noch einige deutsche und europäisch anlegende Fonds investiert. Globale Aktienfonds besitzen hingegen kaum mehr Anteile an deutschen Autokonzernen.

Elektromobilität – USA und China eilen voraus

Mit hohen Werbebudgets werben Autohersteller weltweit um die Gunst der Kunden, nur ein Hersteller kommt beinahe ohne Werbung aus, weil sich die Autos von selbst verkaufen. Die Rede ist von der wohl bekanntesten Marke für E-Autos, Tesla. Es gibt lange Wartezeiten, weil die Nachfrage weit höher ausfällt als die Kapazitäten in der Produktion dies zulassen. Obwohl Tesla durch hohe Entwicklungskosten und Investitionen einen enormen Schuldenberg angehäuft hat und jedes Quartal weitere Verluste hinzukommen, steigt deren Börsenbewertung. Die Investoren stehen Schlange bei Tesla, erst Anfang August ist Saudi-Arabien mit 5% Firmenanteil eingestiegen.

Während wir in Deutschland über E-Autos nachdenken und die Aussichten immer noch als eingeschränkt betrachten, gibt es in China bereits ganze Städte in denen Elektroautos einen 80%-igen Anteil im Straßenverkehr ausmachen. Sicherlich ist die dortige Entwicklung stark von staatlicher Seite gewollt, subventioniert und gelenkt. Dazu haben chinesische Firmen bereits vor Jahren damit begonnen, Ingenieure und Entwickler aus aller Welt zu akquirieren, auch zu Lasten deutscher Firmen, wie eben Daimler und BMW.

Eine Vielzahl chinesischer Automobilhersteller unternehmen derzeit große Anstrengungen. Sie entwickeln mit tausenden Ingenieuren in rasantem Tempo an der neuen E-Mobilität und besitzen teils beachtliche Marktanteile, noch überwiegend im eigenen Land.

 

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Der weltweit größte Hersteller für Elektroautos ist ein chinesisches Unternehmen namens BYD (Build your Dreams). Gebaut werden nicht nur Autos, BYD ist schon heute Weltmarktführer bei Elektrobussen. Deutsche Unternehmen haben derzeit keine Elektrobusse im Angebot. Die Modelle von BYD fahren in Shanghai, durch London oder auf dem Flughafen von Amsterdam. Um der Nachfrage gerecht zu werden produziert die Firma bereits in Europa (Ungarn) und will ein weiteres Werk in Marokko errichten.

Das ein Markteintritt auch anders funktioniert, wird bei einem weiteren chinesischen Autokonzern sichtbar.
Bereits im Jahre 2010 kaufte Geely den schwedischen Volvo-Konzern, als dieser vor der Pleite stand und positionierte sich damit im europäischen Markt. Im letzten Jahr gab man bekannt, dass Volvo künftig auf E-Autos ausgerichtet werden soll.
Zuletzt machte Geely mit einer strategischen Beteiligung an Daimler auf sich aufmerksam. Hier findet die Partizipation an der langjährigen Kompetenz der Autobauer nicht nur durch die Hintertür statt. Geely kauft sich ein und integriert dieses Wissen in die neuen, eigenen Pläne.

China schaltet den Turbo ein

Kürzlich traf ich auf einer Investmenttagung zum Thema Demografie und Innovation, den China-Forscher Wolfgang Hirn. Er beobachtet seit Jahren die Personen die hinter Chinas Supermacht stecken und untersucht die Hintergründe und Motivation von aufstrebenden chinesischen Firmen.

In seinem aktuellen Buch „Chinas Bosse“, berichtet er auch über die Fortschritte in der Automobilbranche und sagt dazu: „Das Ziel der politischen Kraftanstrengungen Chinas pro „Future Mobility“ lässt sich klar definieren. Es herrscht Pioniergeist in China, sowohl bei Politikern, als auch in den Unternehmen. Zum einen möchte man die massiven Umweltprobleme in den Städten in den Griff bekommen, bei denen die Abgase der Fahrzeuge eine große Rolle spielen. Darüber hinaus will man die etablierten Automächte (Europa, USA, Japan, Korea) ablösen und überholen. Es sind neue Marken, neue Fabriken und immer neue Modelle die die Marktreife erreichen und Schritt für Schritt das Land und die Welt erobern wollen.“

Fazit

Technologische Veränderungen drücken sich auch in den Börsenkursen der Unternehmen aus. Börse bewertet Zukunft. Dies bedeutet nichts anderes, als dass sich weitsichtige Investoren eher an Unternehmen beteiligen möchten, welche die besseren Marktpositionen für die Zukunft versprechen.

Die Automobilbranche stellt dabei nur ein Beispiel dafür dar, dass Innovation und Effizienzsteigerung zum Treibstoff der globalen Entwicklung geworden sind. Die Auswertung von Daten war noch nie so effizient wie heute. Für Computersysteme gibt es keine Ländergrenzen. Wachstum findet dort statt, wo geforscht und investiert wird. Die Vermarktung der Produkte hat fast immer den globalen Erfolg im Visier.

  • „Nicht die großen Unternehmen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen verdrängen die Langsamen“.

Ein Spruch der für die Börse schon immer als Leitsatz diente. Wer erinnert sich nicht an Nokia als Weltmarktführer bei Handys, die dann von Apple durch eine innovative, neue Generation Smart-Phone, einfach überholt wurden und schließlich in der Bedeutungslosigkeit verschwanden.

Als Anleger muss der Blick auf die Welt gerichtet sein, die sich immer mehr vernetzt. Informationsaustausch ist der Schlüssel für neue Erkenntnisse und schließlich entstehen neue Lösungen für alte Bedürfnisse und jeder kann daran teilhaben. Wenn Entwicklungen anderswo schneller stattfinden, werden neue Marktführer in anderen Ländern beheimatet sein. Deshalb reicht es nicht den heimischen Aktienmarkt im Blick zu haben.

Unsere Stärke liegt in der Analyse von Investmentfonds. Damit können sich unsere Anleger an Trends beteiligen, indem auch Fondsmanager eingebunden werden die sich die Frage stellen: Wo steht die Welt in 10 Jahren?
Sie richten ihre Selektion von Unternehmensbeteiligungen darauf aus, wo Zukunftsmusik spielt.

Ich wünsche gute Anlageentscheidungen.

André Klatt