In den letzten Wochen beherrschte die Berichterstattung zum US-Staatshaushalt und vor allem die wieder einmal erreichte Schuldenobergrenze nicht nur die Kapitalmärkte, sondern auch die Presse- und Medienlandschaft. Am gestrigen Tage wurde eine Eingung der beiden Streit-Parteien in der Frage der Schuldendebatte bekannt gegeben.

Wir möchten einen kurzen historischen Blick auf die Entwicklung der US-Schuldenobergrenze einbinden und einige Gedanken zum Börsenverhalten vor und nach der „Problembeseitigung“ anbieten.

„Buy the Rumor, sell the Fact“ lautet ein altes Börsensprichwort – Kaufe Gerüchte, verkaufe Entscheidungen. Frei übersetzt: Die Spekulation auf das Eintreten eines erwarteten Ereignisses und der anschließende Verkauf bei Eintreten des Ereignisses.

Angewandt auf die aktuelle Marktsituation könnte dies folgendes bedeuten:

Im bisherigen Jahresverlauf wurden mehrfach neue Allzeit-Höchststände der amerikanischen Aktienmärkte erreicht. Anlässlich des bevorstehenden Erreichens der US-Staatsschuldenobergenze kam es zu einer kurzen Phase der Unsicherheit an den Börsen. Die Kurse korregierten ab der zweiten Septemberhälfte für ca. 3 Wochen. Anschließend gingen die Kapitalmärkte davon aus, dass es höchstwahrscheinlich nicht zu einer Staatspleite in den USA kommen wird. So stiegen die Aktienbörsen bereits ab dem 8. Oktober wieder an und erreichten dabei erneut ihre Höchststände. Und dies, inmitten der heißen Diskussionsphase („Buy the Rumors“), die bis zum Fristablauf am 17. Oktober 2013 ausgereizt wurde.

Als Beispiel für die Börsenschwankungen im Vorfeld der „drohenden US-Staatspleite“, zeigt der folgende Chart den kurzfristigen Verlauf des US-amerikanischen Aktienindex S&P 500. Der DAX verhielt sich sehr ähnlich.

Nachfolgende Grafik zeigt den US-Aktienindex S&P 500, Zeitraum 01. September bis 18. Oktober 2013:

SP500 Sept_Okt 2013

Die erneuten Kursanstiege an den Aktienbörsen bereits unmittelbar im Vorfeld der Einigung, repräsentierten die Erwartung der Marktteilnehmer, das keine ernsthafte Zahlungsunfähigkeit der USA drohe. Diese Position fundiert auf historischen Entwicklungen. Tatsache ist, dass in den letzten 73 Jahren im engen Rhythmus (ca. aller 1-3 Jahre), eine Anhebung der Schuldenobergrenze stattfinden musste und jedes mal stattfand (letzte ähnliche Situation, siehe Kommentar 29.07.2011 „USA – Pleite oder Normalität“).

Nachfolgende Grafik zeigt den historsichen Verlauf der US-Schuldenobergrenze:

US Schuldenobergenze 1940-2013

Datenquelle: http://en.wikipedia.org/wiki/History_of_United_States_debt_ceiling

Berichterstattung emotional überzogen

Medienseitig kamen die geschichtlichen Fakten teils etwas zu kurz. In der Vergangenheit wurde das Erreichen der selbst auferlegten Verschuldungsgrenze der USA medial höchstens beiläufig oder vorwiegend in der Fachpresse aufgegriffen. Diesmal erzeugte die Medienwelt, zumindest unserer Ansicht nach, eine überzogen emotionale Debatte. Die drohenden Risiken wurden in den Vordergrund gestellt und diskutiert. Und das, obwohl die Eintrittswahrscheinlichkeit einer unmittelbar bevorstehenden US-Staatspleite auf Expertenseite als gering eingestuft wurde.

Warum können die USA nicht einfach so Pleite gehen?

Ein Staat der eine eigene Währung besitzt und deshalb in der Lage ist, das benötigte Geld für seine Existenz in unbegrenzter Höhe selbst zu drucken, wird erst im Extremfall in eine Zahlungsunfähigkeit hineinlaufen. Dies ist in den USA derzeit eher nicht zutreffend. Es gibt einige Staaten die problematischere Verschuldungsverhältnisse aufweisen. Darüber hinaus bräuchte es wohl eine Situation mehrerer, in einander greifender Komponenten, z.B. eine wirtschaftliche Schwächephase und ein global instabiles Umfeld. Auch dies ist derzeit eher unzutreffend.
Vielmehr benutzten die beiden führenden US-Parteien die notwendige Entscheidung als Druckmittel, zur Verfolgung der jeweils eigenen politischen Interessen.

Staatsverschuldung, nur eine Zahl ?

Hinzu kommt, dass die reine Zahl der Verschuldungshöhe eines Landes, heutzutage keine Aussagekraft mehr über das zwangsläufige Eintreten einer Insolvenz mitbringt. Der Unternehmer wird an dieser Stelle schmunzeln, denn wenn einem Unternehmen das Geld ausgeht (ob GmbH oder AG), ist es gesetzlich dazu verpflichtet Insolvenz anzumelden. Hier gilt es unterschiedliche Denkmuster zu berücksichtigen.
Die Frage nach der Rückzahlbarkeit der Schulden spielt hierbei erst einmal keine Rolle.

Beispiel Japan

Das prominenteste Beispiel für die Überschludung eines Landes ist sicherlich Japan. Die Staatsverschuldung liegt auf einem ca. 3 fach höheren Niveau als in den USA. Japan existiert und funktioniert trotz dieser fiskalischen Problematik. Kürzlich berichtete ein Kapitalmarktexperte von seinem Besuch in Japan, dass die objektiv bestehenden Schuldenprobleme des Staates, im Alltag der Bevölkerung kaum zu spüren seien.
Es hängt also nicht allein von isoliert betrachteten Zahlen ab, ob eine gesellschaftliche Funktionsfähigkeit erhalten bleibt oder nicht. Japan ist quasi der Vorreiter und Ergründer nie betretener fiskalischer Sumpflandschaften, mit dem Ziel einen sicheren Trittweg zu finden … Ausgang unkalkulierbar.

Zurück zum Ausgangsthema

Nachdem die US-Staatspleite nun offiziell abgewendet wurde, sehen sich die Börsen mit einer Tatsache konfrontiert („the Fact“). Man könnte eine Reaktion der Erleichterung und weitere Zugewinne erwarten. In diesem Punkt ist erneut der Vergleich mit dem Sommer 2011 möglich. Unmittelbar mit der damaligen „Lösung“ des Problems (02.08.2011), ging den Börsen erst einmal die Luft aus. Es kam zunächst zu einer dreimonatigen Korrektur der Aktienmärkte, bevor man zurück in die dynamische Fortführung des langjährigen Aufwärtstrends mündete.

Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass politische Entscheidungen nicht pauschal mit dem Börsenverlauf in Verbindung zu bringen sind. Über Jahrzehnte hinweg hatten politische Themen stets nur kurzzeitig Einflüsse auf die Kapitalmärkte.
In den letzten Jahren erreichte die beiderseitige Sensibilität für einander und die wachsende gegenseitige Verknüpfung immer mehr an Bedeutung. Trotzdem folgen die Börsen eigenen Gesetzmäßigkeiten und Funktionsweisen, mit wirtschaftsbezogenen Beweggründen.

Fazit

Noch vor wenigen Tagen war es für den Einen oder Anderen vielleicht unverständlich, dass die Börsen einfach zulegten. Genauso muss die erzielte Lösung in der US-Fiskalpolitik nicht zwangsläufig steigende Börsenkurse zur Folge haben. Vielmehr können sich die Marktteilnehmer wieder dem eigentlichen Börsengeschehen zuwenden. Die Berichtssaison mit den Unternehmensergebnissen zum 3. Quartal läuft Hochtouren. Erkenntnisse daraus werden dem Markt neue Impulse liefern.

Eine Konsolidierung im recht steilen Aufwärtstrend würde den Aktienmärkten, zumindest aus technischer Sicht, nicht Schaden. Korrekturen gehören zum Börsenalltag und bieten dem langfristigen Investor die Möglichkeit günstiger zu investieren.

  • Aufgrund der extrem niedrigen Zinsen, die geradezu ein Ergebnis zu hoher Staatsverschuldung sind, gibt es nach wie vor Rückenwind für Investitionen in chancenreichere Anlagen, weil genügend Liquidität „auf der Jagd nach Erträgen“ an der Seitenlinie bereit steht.