Am Morgen des 24.06.2016 wird bekannt, dass rund 52% der Briten für einen Ausstieg Grossbritanniens aus der EU gestimmt haben. Die deutliche Mehrheit der Marktteilnehmer und der Marktexperten hatten jedoch damit gerechnet, dass die Briten in der EU bleiben werden.

Die Kapitalmärkte reagierten aufgrund dieser Überraschung entsprechend deutlich. DAX und EUROSTOXX starteten zum Handelsbeginn rund 10% im Verlust, konnten sich im Tagesverlauf bereits von den Tiefstkursen erholen. Besonders Bankaktien zählten zu den größten Verlieren (um -20%), während sich konsumorientierte Unternehmen, Lebensmittelhersteller und Pharmawerte stabil, fast unbeeindruckt zeigten. Die Logik ist einfach, Nahrung, Hygieneartikel und Medikamente werden in jeden Umfeld benötigt.
Besonders positiv reagierten die Edelmetallpreise, der Goldpreis legte direkt um 5% zu.

Marktbewegungen – kurzfristige Spekulanten auf dem falschen Fuss erwischt

Es muss davon ausgegangen werden, dass die ersten Marktbewegungen hauptsächlich von Tradern bestimmt wurden, d.h. es erfolgte ein Abbau von überwiegend den Positionen, die sich im Vorfeld auf eine bestimmte Bewegung festgelegt hatten und ihre Positionierung nun glattstellen mussten.

An solchen Tagen halten sich langfristige Investoren mit ihren Reaktionen überwiegend zurück. Die Marktbewegungen um solche Termine herum sind also nicht als fundamentale Reaktionen zu verstehen, vielmehr findet man sich in einem Tradingumfeld, mit der Konsequenz die Bewegungen nicht über zu interpretieren. Es handelt sich zunächst nicht um die Ausbildung neuer Trends, sondern um Tagesgeschäft. Für mittel- und langfristig strategisch gut aufgestellte Anlagen besteht wenig Grund in einem solchen Umfeld zu aktiv zu handeln.

Besonnenheit kehrt zurück

Die Bewegungen der Aktien- und Rentenmärkte in den Tagen danach zeigen insgesamt eine Beruhigung der Gemüter und der Kurse. Die Aktienmärkte nähern sich langsam wieder dem Niveau an, auf welchem Sie sich einige Tage vor der BREXIT – Entscheidung befanden. Edelmetalle wie Gold und Silber profitieren jedoch weiter und glänzen mit steigenden Kursen.

Anlagestrategie geht vor

Um die Auswirkungen auf die Asset Allokation zu durchdringen, gilt es nun die mittelfristigen wirtschaftlichen Konsequenzen zu fokussieren, hier kann man sich in Ruhe ins Research begeben. Jedoch auch in dem Bewusstsein, dass die Unsicherheiten aus den politischen Folgen noch einige Wellen schlagen können. Trotzdem ist die Politik nicht die Perspektive, aus welcher man die Kapitalmärkte einschätzen sollte.

Deshalb stellen sich für die Steuerung von Kapitalanlagen vordergründig die Fragen nach dem unmittelbaren Geschäftsumfeld für Unternehmen, wie beispielsweise:

  • Welche wirtschaftlichen Entwicklungen ergeben sich aus den Konsequenzen der Brexit – Entscheidung?
    Welche Auswirkungen bringen die Währungsentwicklungen zwischen britischem Pfund (GBP), Euro und USD mit sich?
    In welchen Regionen oder Branchen ist mit einer Abschwächung des Wirtschaftswachstum zu rechnen und wer kann profitieren?
    Wo liegen strukturelle Gewinner und Verlierer?

Darauf aufbauend gilt es eine Anwendung der getroffenen Einschätzungen für die Portfoliostruktur zu treffen:

  • Wie bin ich positioniert?
    Was habe ich erwartet und welche Konsequenzen hat das neue Marktumfeld auf meine Positionierung?
    Welche Änderungen sind gegebenenfalls notwendig?
  • Bei allen Überlegungen darf der Fokus auf die gesetzten Anlageziele nicht aus den Augen geraten,
    Stichwort: Anlagestrategie geht vor Taktik.

Wer nicht streut, kann ausrutschen … ?

Die letzten Tage konnten auch als eine Art „Belastungstest“ für verschiedene Anlagestrategien einen Aufschluss darüber geben, wie sich die Streuung der Anlageportfolios in besonderen Marktsituationen auswirkt.
Mit Blick auf unsere Kundenportfolios lässt sich sagen, dass die Portfolios durch ihre breite und gezielte Streuung, eine hohe Stabilität behalten konnten. Bereits wenige Tage nach dem Brexit- Ereignis sind die vorherigen Stände wieder erreicht.

Ein Blick voraus

Die nächsten Wochen werden sicherlich noch die ein oder andere Überraschung bereithalten, politisch und wirtschaftlich. Großbritannien muss sich neu finden, Europa ist in Bewegung, die globalen Auswirkungen werden sich in Grenzen halten. Zudem haben sich die Notenbanken bisher noch zurückgehalten und werden sicherlich Position beziehen. Vieles spricht nun dafür, dass eine weitere Zinserhöhung in den USA ausbleiben wird, dies sollte für weitere Marktberuhigung sorgen.

Die Aktienmärkte suchen nach einem neuen Trend. In Richtung Jahresende blicken wir aus heutiger Sicht recht optimistisch, denn derzeit sind besonders hohe Barbestände bei vielen Vermögensverwaltern und Fondsgesellschaften zu beobachten, die früher oder später in den Markt zurückkehren dürften. Das Zinsumfeld bietet jedenfalls kaum Alternativen.
Vielleicht stellen die aktuellen Kursschwankungen eine gute Gelegenheit dar, um auf günstigem Niveau, schrittweise seine Investitionen in Produktivkapital etwas zu erhöhen?

  • Schließen möchten wir unsere Überlegungen mit einem Zitat, welches der Börsenkenner André Kostolany im Jahre 1998 formulierte (in einem Werbespot, allerdings nahm er damals Bezug auf Aluminium):
    „Denken Sie doch einmal über Gold nach.“