Im September stieg der Optimismus vieler Anleger noch einmal, die US-Aktienmärkte verzeichneten neue historische Höchststände. Nun dreht der Trend scheinbar schlagartig? Der Oktober gilt als der am meisten gefürchtete Börsenmonat und trägt den Ruf als potentieller „Crashmonat“. Dies erhöht die Sensibilität kurzfristig agierender Marktteilnehmer derzeit zusätzlich.

Europa hinkt schon länger

Im Gegensatz zu den amerikanischen Börsen konnte der deutsche Aktienmarkt bereits seit einigen Monaten nicht mehr Schritt halten. Warum? Der deutsche Aktienmarkt wird überwiegend von ausländischen Investoren dirigiert. Deutsche Anleger besitzen nur rund ein Drittel der DAX – Aktien. Nach unserer Auffassung war an der Schwäche des deutschen Aktienmarktes bereits seit einiger Zeit eine Tendenz zu beobachten, dass Investoren von ausserhalb des Euroraumes europäische und damit auch deutsche Aktien verkaufen. Einserseits weil der schwächere Euro deren Wertentwicklung schmälerte, andererseits weil sich die Konjunkturdaten der Eurozone zuletzt eintrübten (siehe Börsenkommetar vom 20. August „Ukrainekrise schwächt Europas Wirtschaft“).

Weitere Unsicherheitsfaktoren

Nun sind einige „kleinere“ Krisenherde, wie die Unruhen in Hongkong, die IS-Kampfhandlungen in Syrien und Ebola-Befürchtungen hinzugekommen. Wenn man die Faktoren einzeln betrachtet, würden daraus eher weniger negative Einflüsse auf die globale Wirtschaft hervorgehen. Zusammengenommen führen sie jedoch zur Verunsicherung hinsichtlich der Wachstumsaussichten und eben das ist es, was die Märkte zunächst interessiert: negative wirtschaftliche Folgen. Bisher hatten die Börsen dies weitestgehend ignoriert. Im Ergebnis reagieren die Marktteilnehmer nun im Gleichschritt auf die Nachrichten, alle strömen in Richtung Ausgang. Die Tür wird zu eng (hohes Angebot trifft auf geringe Nachfrage) und die Kurse fallen.

Börsen reagieren nervös

In solchen emotional getriebenen Marktphasen kommt es häufig zu Übertreibungen. Das Unterschreiten bestimmter Kursmarken führt dabei automatisch zu weiteren Verkäufen, weil z.B. computergesteuerte Handelsprogramme auf bestimmte „charttechnische Signale“ programmiert sind. Neue Gründe benötigt es keine, allein die Kursveränderungen genügen. Nicht selten springt der Markt dann hektisch in die eine oder andere Richtung. Hinterherlaufen macht oft wenig Sinn.

Natürlich ist es sehr schwierig, kurzfristige Bewegungen der Aktienmärkte vorherzusagen oder zu antizipieren. Wichtig ist es für jeden Anleger, sich in seiner zurechtgelegten Anlagestrategie nach der stimmigen Substanz seiner Investitionen zu fragen. Dies gilt aber im Prinzip zu jedem Zeitpunkt. Die Schwankungen der Märkte sollten keine echte Überraschung darstellen.
Nach einer fast dreijährigen Phase überwiegend steigender Kurse – man könnte dies mit einem Einatmen des Marktes gleichsetzen – folgt derzeit ein Ausatmen. Sicherlich sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich hierin auch Chancen eröffnen, günstiger in den Markt einsteigen zu können.

Fazit, die Substanz entscheidet

Fundamental hat sich in den letzten Wochen nicht viel geändert. Angesichts der historisch niedrigen Zinsen sind die Aktienmärkte nicht überbewertet. Der Oktober-Effekt spielt besonders für die „Marktpsyche“ eine gewichtige Rolle.
Ein guter Orientierungspunkt für die Marktbewertung sind die tatsächlichen Unternehmenszahlen in der bereits laufenden Q3-Berichtssaison, sowie deren Geschäftausblicke. Diese Vorgaben sind weniger emotional und damit aussagekräftiger für den weiteren Verlauf.