Kürzlich vermeldete eine große deutsche Bank, dass Sie in ihren Anlageprodukten künftig auf die Spekulation mit Agrarrohstoffen verzichten möchte. Dies ist ausgesprochen begrüßenswert.
Wir möchten das Thema „Spekulation mit Rohstoffen und Nahrungsmittelpreisen“, sowie damit verbundene Vor- und Nachteile, etwas näher beleuchten.
Eines gleich vorweg: Wir meiden seit Jahren Produkte, welche Spekulationen auf Nahrungsmittelpreise zur Erzielung von Erträgen betreiben. Die Begründung ist einfach: Mit Essen spielt man nicht.
Wie wird mit Nahrungsmittelpreisen spekuliert?
Für viele Agrarrohstoffe und Grundnahrungsmittel wird der Preis der Ware einheitlich und fortlaufend an so genannten Warenterminbörsen festgestellt. Über Warentemingeschäfte kann an der Preisentwicklung teilgenommen werden. Dabei gilt das Marktprinzip: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis.
Es steht eine Vielzahl von handelbaren Waren zur Verfügung, z.B.: Holz, Baumwolle, Kaffee, Orangensaft, Zucker, Schweinebäuche, ebenso Grundnahrungsmittel wie Weizen, Kartoffeln, Mais und Reis.
Was ist ein Warentermingeschäft?
Bei einem Warentemingeschäft erwirbt ein Käufer das Recht, eine Ware zu einem festgelegten Zeitpunkt und zu einem festen Preis zu kaufen oder zu verkaufen. Dadurch kann beispielsweise ein Bauer seine Getreideernte bereits vor der Einbringung absichern und seinen Verkaufspreis zuverlässiger kalkulieren. Solche Absicherungen gegen Preisrisiken und -schwankungen sorgen für höhere Planungssicherheit und sind grundsätzlich nützlich für Händler, verarbeitende Industrie und Verbraucher.
Spekulation führt zu Preisverwerfungen
Durch Warentermingeschäfte kommen nun auch Spekulanten in die Gelegenheit, eine Ware zu einem bestimmten Preis zu handeln, um zu einem späteren Zeitpunkt von Preisveränderungen zu profitieren. Jedoch handeln Spekulanten nicht aus einem Verhältnis zur Ware heraus, sondern ausschließlich zum Zwecke der eigenen Gewinnerzielung.
Um beim Beispiel des Getreidebauern zu bleiben, entstehen durch künstliche Angebots- und Nachfrage-positionen seitens der Spekulanten besonders dann Nachteile, wenn im großen Stil und mit hohen Volumen „gezockt“ wird. Nicht selten werden saisonale Preisverläufe, die sich bekanntermaßen in Abhängigkeit von Erntezeiten ergeben, durch Spekulationen verzerrt.
Kommt es in der Folge zu Preisverwerfungen einer Ware, wird dabei nicht nur die Planungssicherheit der Produzenten durchkreuzt, sondern auch der urspüngliche Gedanke des Warenterminhandels. Letztendlich spüren auch Handel und Verbraucher die Auswirkungen der „Spieler“.
Dauerhafte Preisbeeinflussung durch Spekulanten
Auch eine dauerhafte Verteuerung von Rohstoffen durch übermäßige Spekulation kann die Folge sein. Hier ist beispielsweise der Rohölpreis zu nennen, der in seiner Eigenschaft als endliche Ressource als ein beliebtes Objekt zur langfristig sicheren Preissteigerung angesehen wird.
In 2007/2008 war eine zusätzliche, künstliche Ölnachfragesituation aus Warentermingeschäften mit verantwortlich, als es zu einem explosiven Preisanstieg von 50 USD auf fast 150 USD in nur 18 Monaten kam.
Der Gewinn einiger weniger Marktspekulanten verteuerte weltweit nicht nur die Benzin- und Heizölpreise. Die Produktvielfalt welche aus dem Rohstoff Öl hergestellt wird, bestimmt bekanntlich unser tägliches Leben, ob T-Shirts, Schuhe, Möbel, Handys, Fernseher, DVD`s oder Mülltonnen. Steigt der Ölpreis, verteuern sich zwangsläufig die auf Öl basierenden Artikel.
Warum wird mit Rohstoffen und Nahrungsmittelpreisen spekuliert?
Einerseits gibt es Trader die sich auf diese Art der Spekulation spezialisiert haben. Andererseits steht bei institutionellen Handelsteilnehmern zur Begründung für die Preisspekulation mit Rohwaren häufig die unabhängige Entwicklung der Preise, gegenüber den Kursen anderer Kapitalanlagen im Vordergrund. Beispielsweise ist die Preisentwicklung von Orangensaft wenig mit dem Verlauf der Aktienmärkte verknüpft, da der jeweiligen Preisfindung völlig unterschiedliche Einflüsse zu Grunde liegen. Folglich verhält sich auch die Kursentwicklung nahezu korrelationsfrei. Es geht also um die Möglichkeit zur Diversifikation von Anlageportfolios.
Unser Fazit:
Warentermingeschäfte auf Nahrungsmittel und Rohstoffe haben ihre volle Berechtigung, zu Absicherungs-zwecken. Sie sind seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil des Marktes. Jedoch treten bei vermehrter Spekulation negative Effekte zu Tage, die zu Lasten weiter Teile der Weltbevölkerung, zu Lasten von Mensch und Tier gehen. Deshalb möchten wir uns und unsere Anleger davon distanzieren.
- Natürlich muss jeder seinen moralischen Standpunkt selbst justieren.
Die Frage lautet:
Darf der ethische Grundsatz der Gleichheit (Interessengleichheit) dem egoistischen Streben nach Kapitalvermehrung zum Opfer fallen?